Kostbare Objekte, Glasmalerei, Zeichnungen, Skulpturen, Hauptwerke von Giovanni Segantini, Rudolf Koller, Arnold Böcklin, Ferdinand Hodler und Alberto Giacometti. Angesichts der Schätze, die derzeit im Landesmuseum Zürich und demnächst auch im Museo d’arte della Svizzera italiana in Lugano versammelt sind, können einem die Augen übergehen. Es ist schon ein besonderes Fest, da diese Meisterwerke normalerweise auf 70 eidgenössische Museen verstreut sind. Sie stammen aus der Sammlung der seit 1891 aktiven Gottfried-Keller-Stiftung, eine märchenhafte Kollektion Schweizer Kunst ohne eigene Räume, die ihre Bestände, darunter Segantinis „Alpentryptichon“, Böcklins „Toteninsel“ oder Kollers „Gotthardpost“, als Dauerleihgaben auf verschiedene Häuser verteilt hat. Unmöglich, die mehr als 6400 Archive und Konvolute alle zu Gesicht zu bekommen. Ein plakatives Denkmal wollte sich die Stiftungsgründerin Lydia Welti-Escher vor 130 Jahren offenbar nicht setzen. Doch wer war diese großherzige Frau? Und warum so selbstlos?
Nur etwas mehr Kampfgeist und aus ihr wäre eine Peggy Guggenheim der Belle Époque geworden: Eine Mäzenin, die auch schwierige Kunst unterstützt, die sich die Freiheit nimmt, einen unmöglichen Kerl zu lieben und am Ende sagt – ich bereue nichts. Doch die wohlhabende Zürcher Patriziertochter lebte in einer Gesellschaft, die Frauen keine Flügel verleiht. Ihre Amour fou zu dem Künstler Karl Stauffer-Bern gipfelte im größten Schweizer Society-Skandal des 19. Jahrhunderts.

Als sie ohne Geld und ohne Gepäck mit Stauffer-Bern nach Rom durchbrannte, intervenierte die mächtige Familie ihres Ehemanns Friedrich Emil Welti: Die Eskapade endete für sie im Irrenhaus und für ihn im Kerker. Beide kamen nach Monaten frei, zerbrachen aber an der Kriminalisierung ihrer Liebesgeschichte – und nahmen sich das Leben.
Bevor Lydia Welti-Escher am 12. Dezember 1891 starb, regelte sie noch eine Herzensangelegenheit: Ihr kolossales Vermögen aus dem Erbe des Eisenbahnkönigs Alfred Escher schenkte sie der Schweiz – zur Gründung einer Kunststiftung, die den Ankauf bedeutender Werke ermöglichen und auch Frauen weiterbilden sollte. Wieder schalteten sich die Weltis ein und redeten ihr den emanzipatorischen Passus in der Gründungsurkunde aus. Nicht einmal ihren Namen durfte sie der Stiftung vermachen. Warum ließ sie sich erneut demütigen? Es bleibt ein Rätsel.

Heute ist die Gottfried-Keller-Stiftung, benannt nach dem Dichter und Freund der Familie Escher, das größte Musée imaginaire der Schweiz. Seit Ende 2018 hat es zudem einen digitalen Zwilling, denn das Bundesamt für Kultur präsentiert immer mehr Werke aus der Sammlung auch online. In Zürich und Lugano bietet sich endlich die Gelegenheit, die Highlights vereint und leibhaftig zu erleben.
Alexandra González
„Glanzlichter der Gottfried-Keller-Stiftung“, bis 22.04.2019, Landesmuseum Zürich
https://www.nationalmuseum.ch/d/microsites/2019/Zuerich/Glanzlichter.php
„Hodler – Segantini – Giacometti. Capolavori della Fondazione Gottfried Keller“, 24.03.-28.07.2019, Masi Lugano
http://www.masilugano.ch/it/794/hodler-segantini-giacometti
Zu den Ausstellungen ist bei Scheidegger & Spiess der schöne Katalog „Meisterwerke der Gottfried-Keller-Stiftung“ erschienen. Er kostet 38 Euro.
https://www.scheidegger-spiess.ch
Sammlung online:
Steine klopfen – manche entspannen sich am Wochenende, indem sie urzeitliche Fossilien aus jahrtausendealten Erdschichten ins Licht der Welt
In
Lärm erzeugen. Man läuft im Tinguely Museum gewissermaßen als seine eigene Sendersuchnadel durch die große Halle, die extra zum Sound-Lab
umfunktioniert wurde. Die komplett dezente Ästhetik der Schau wird lediglich von antik anmutenden Sende- und Empfangsinstallationen, einigen Corbusiersesseln, Bildschirmplattformen sowie den Besuchern mit ihren vorprogrammierten Smartphones und Kopfhörern bestimmt, die durch die Wellenlandschaft driften. Musik und Frequenzrauschen, Klänge und Geräusche gehen über alles, keine Äußerlichkeit steht ihnen im Weg. Durch
ihre Bewegungen und etwas Smartphonetechnik suchen und finden die Museumsgäste die auf je anderen Wellenlängen an vorbestimmten Plätzen verorteten Hörbeispiele aus der Geschichte der Radiokunst: Je nachdem, welche vorarrangierte Frequenz man mit dem Spezial-Smartphone passiert, kann man etwa Paul Hindemiths sonst unzugängliche, 1930 in der Berliner Rundfunkversuchsanstalt aufgenommene „Grammophonplatteneigene Stücke“ vernehmen. Oder experimentelle Avantgarde-Radiophonie mit
frühen „Scratches“ des Bauhauslehrers Laszlo Moholy-Nagy, 1923 am Staatlichen Bauhaus Weimar aufgenommen und kürzlich von einem spanischen Professor rekonstruiert. „Imaginary Landscapes“ von John Cage sind im Angebot, Sprech-Dada mit Ernst Jandl und andere einmalige Beiträge – wie eine 1950 von einem Journalistenteam des Radiostudios Lausanne begleitete, akustisch dokumentierte Matterhornbesteigung durch Walliser Bergführer. So schön schlägt alpine Hoch-Kultur Wellen in Basel am Rhein.
Das Thema wirkt nur auf den ersten Blich wie aus der Zeit gefallen. Denn durch die verspielte Anlage dieser faszinierenden Ausstellung bekommt das fordernde intellektuelle Setting viele schöne Fun-Aspekte: Die Besucher wirken wie Pokemon-Go-Spieler, wenn sie auf der Suche nach der Radiokunst verstrahlt durch die Schau gehen. Sie können manches für später speichern – und so quasi liken, was ihnen gefällt. Eine 14-teilige Aktionsplanung mit Wochenthemen wird bis Ende Januar die ganze Stadt in das Projekt intregrieren – Soundwalks sind dabei, Hörexpeditionen, eine Funkwoche für alle und sogar eigener Radiobau. Also von wegen, Radio ist tot, denn jetzt gibt es ja Podcast. Text und Fotos: Alexander Hosch

von Armut geprägten Baumwollgürtel der USA und drang immer tiefer ein in Afrikas Herz der Finsternis, den Kongo. Nicht aus reiner Abenteuerlust, sondern mit einem sozialen und politischen Gewissen als Motor.


und Zauberbergen. Der einmalig romantische Wintersport-Ort lockt hoch über der Vispa-Schlucht seit Jahrzehnten mit spitztürmigen Kirchen,
sich die Saaser Bürgergemeinde überhaupt für ein eigenes Youth Hostel oben am Talschluss, vorher gab es keins. Doch dann durften die Planer durchstarten. Sie formten im Auftrag der Gemeinde und der Schweizerischen Stiftung für Sozialtourismus in Zürich, die alle Schweizer Jugendherbergen trägt, einen grauen Holzbau mit vielen superben Details. Durch eine
Sondergenehmigung des Kantons durfte er als erste fünfgeschossige Schweizer Wohnarchitektur überhaupt aus Holz entstehen. Die galten bislang als brandgefährlich – und waren deshalb verboten. Durch Vorfertigung der äußeren und inneren Wandelemente konnten die winterbedingt
knappen Bauzeiten auf 1800 Meter gehalten werden. Die Architektur stammt vom Büro Steinmann & Schmid, die Tapeten und anderes von den Basler Textildesignern Matrix. Spektakulär ist, wie das alte Hallenbad, ebenfalls von Steinmann & Schmid überarbeitet, zu der beeindruckenden anthrazitfarbenen Spalandschaft Aqua Allalin erweitert wurde. Heißer Stein, Sprüheisdusche, Gletscherbalkon. Zwei verglaste Saunen mit Panoramafenstern zu den Steinböcken am Felskliff gegenüber. So bekam Saas Fee die einzige Spa-Jugendherberge der Welt, das grandiose wellnessHostel 4000, das auch noch besonders
nachhaltig ist (mit Kollektoren aufgeheiztes Wasser, Erdregister in einem Felsspeicher). Auf den Übernachtungspreis werden einfach ein paar Franken draufgeschlagen, dann dürfen die Hostelgäste so oft sie wollen ins Spa-Paradies. Natürlich nützen
Verbrennungsmotor fährt. Ausschließlich e-Mobile steuern als Hotelshuttles,
Taxis, Lieferwagen oder Paketdienst die Hotels und Chalets des berühmten Gletscherdorfes an. E-Busse bringen die Skitouristen zu den verschiedenen Startpunkten für das Pistenvergnügen in Saas-Balen, Saas-Grund, Saas-Almagell und Saas-Fee (es geht bis auf 3.600 Meter). Text: Alexander Hosch
Anreise nach Saas-Fee Zug über Zürich bis Visp (Swiss Travel Pass, ab 205 € für 3 Tage), weiter mit dem Postbus (umsonst mit STP oder Saaser Bürgerpass). Skipass 1 Tag p. P. Erwachsene 73 CHF, Kinder bis 15 Jahre: 35 CHF, Jugendliche von 16-19: 61 CHF. Nacht im wellnessHostel 4000: Doppelzimmer ohne/mit Wellness – 123/149 CHF; Bett im 6er-Zimmer 41/54 CHF; 


Ein anhaltendes Donnern, ein Seitental voller Staub … und auf einen Schlag hatte sich das Leben im Bergell verändert. Im August wälzten der Bergsturz am Piz Cengalo und mehrere darauf folgende Murengänge hundertausende Kubikmeter Schlamm und Geröll durch das Val Bondasca. Die Katastrophe traf eine Talschaft am Rande der Schweiz, die sich schon sehr lange im Schatten des Engadiner Glitzertourismus geduckt hält. Gewiss, die Schneise der Verwüstung in der roten Zone um das Dorf Bondo ist unübersehbar. Doch der Rest der Gegend gilt unbedingt als sicher. 

Zwielicht, das die Gefilde in dunkle Töne taucht. Vier Monate lang schafft es die Sonne nicht über die Gipfel der gewaltigen Berge, trotzdem herrscht ein mildes Klima im Tal. Wegen dieses besonderen und beständigen Lichts kehrte 


Lois Welzenbacher (1899-1955) war ein Tiroler Architekt. Sein Sudhaus für Adambräu sah auf Fotos schon zur Bauzeit 1926/27 berückend modern aus. Ein Prototyp für die sich gerade erst entwickelnde Architektur des Bauhauses? Man hätte diesen Industriebau damals leicht in Dessau oder Jena vermuten können.
und Menschen sowie Accessoires aus der Anfangs- und Jetztzeit der Alpenerschließung zusammen. Sie führt modellhaft die Energiebilanz so einer Schutzhütte vor Augen. Man kann per Knopfdruck genau den realen Strom- oder Wasserhaushalt beleuchten. Einmal Klospülen kostet 5 Euro. Alte S/W-Fotos verbreiten Nostalgie. Simulierte neue Bilder bereiten auf die Zukunft vor: Metallisch glitzernde Techno-Zacken – wie ab Sommer 2017 etwa die Seethalerhütte am Hohen Dachstein. Die ergeben aber genau dann Sinn, wenn sie schlau gebaut sind und den Extrembedingungen auf 3000 bis 4000 Metern besser Paroli bieten als die Holzbauten von früher.
ankert in vielen Gebieten. Alle kommen in der Schau vor, aber nicht auf akademische oder enzyklopädische Weise. Sondern kurz und kenntnisreich, sehr charmant. Grüne Holzpantoffeln mit Edelweiss drauf, ein Fenstertableau voller Stühle, Schaubilder mit Leuchtknöpfen. Und ganz oben darf man im allseitig durchfensterten Panoramastüberl die reale Kulisse der Stadt Innsbruck vor Nordkette und Wendelsteingebirge genießen. Oder ein paar Augenblicke unter einer Original-Hüttendecke zwischen rotweißen Polstern schlummern. Apart. Alexander Hosch
„Hoch hinaus“ im Adambräu, Archiv für Baukunst, Innsbruck, bis 3. Februar 2017, www.alpenverein.at/museum. Eintritt frei. Anschließend ist die Schau ab 9. März im Alpinen Museum München zu Gast, sowie später noch als dritte Station in Bozen.
Seit 1983 haben mehr als 70 internationale Akteure – darunter Marina Abramović und Ulay, Daniel Buren, Jenny Holzer, Per Kirkeby, Lawrence Weiner oder Mario Merz – auf der Furkapasshöhe (2427 m ü. M.) gegen Kost, Logis und einen Gotteslohn wundervolle Malerei, Skulpturen, Installationen und Interventionen hinterlassen. Dann kam auch noch Rem Koolhaas und baute das denkmalgeschützte Hotel mit minimalen Eingriffen 1991 behutsam um. Ich möchte jetzt bitte sofort einen Kaffee auf der Sonnenterrasse trinken. Muss mich aber wohl gedulden. Denn das Haus ist nur zur Postsaison von Juni bis September geöffnet.
Durch Bollywood-Filme bläst der Wind des Schicksals. Hier treibt er Superstar Shah Rukh Khan und Kajol, seine Langzeitpartnerin auf der Leinwand, erst per Interrail ins Berner Oberland, dann einander in die Arme. Das Drei-Stunden-Epos „Dilwale Dulhania Le Jayenge“ von 1995 war ein Riesenerfolg der indischen Filmindustrie. Danach hatte jede Schmonzette ihre Schweiz-Szene: blitzblanke Alpenromantik für die obligatorischen Songeinlagen. Küsse, gar Sex sind im Hindi-Kino (das sich nur für die Durststrecke vor der Hochzeit interessiert) streng verboten, Ersatz leistet Tanzspaß in Traumlandschaften.
In Saanen nimmt die Lovestory Fahrt auf. Das Beinahe-Paar muss eine kühle Nacht im Stall verbringen, greift zum Cognac. Wer aber in einem indischen Film Alkohol trinkt, wird sterben oder durchdrehen: Wie irre taumelt Kajol durch Gstaad, singt Ungezogenes und wälzt sich – nur mit einem roten Fähnchen bekleidet – im Schnee. Frecher wurde der Krishna-Radha-Mythos nie variiert: Jene paradiesische Liebesgeschichte zwischen einem Hirtenmädchen und dem blauhäutigen Gott, die der Nährboden aller Bollywood-Streifen ist. Alexandra González

