Die Alpen kratzen oft malerisch am bayerischen Himmel. In Bernried scheint man sie zum Beispiel dabei zu erwischen, sobald man bei schönem Wetter entlang des Buchheim-Museums in die Nähe des Wassers gelangt. Das 2001 eröffnete Gebäude
von Behnisch Architekten liegt direkt am Starnberger See. Und unten bei den drei tönenden Kunstschaukeln von Jeppe Hein zieht die Bergkulisse im Süden sofort magisch den Blick von jeder und jedem an. Wir haben Bernried diesmal wegen Max Pechstein angesteuert. In nur einer halben Stunde von München fuhren wir mit der sogenannten „Werdenfelsbahn“. Der 20-minütige Fußweg abwärts vom Bahnhof zum
Museumsbau über Dorfstraßen und einen grünen Pfad zwischen Bäumen und Wiesen ist ein willkommenes Vorspiel für Pechsteins künstlerische Zwiegespräche mit der Natur (Abb.: Gestürzte Kornpuppen, 1949). Die war dem expressionistischen Maler, der von 1906 bis 1912 der Künstlergruppe Die Brücke angehörte, mehr als wichtig. Die neue Bernrieder Sommerschau „Vision und Werk“, wohl die bislang größte des Künstlers (1881-1955), wurde jetzt möglich, weil das Zwickauer Max-Pechstein-Museum vier Jahre lang geschlossen hat. Das reiche Opus aus dem Besitz der Kunstsammlungen Zwickau (wo Pechstein geboren ist) geht nun zusammen mit Werken der Max Pechstein Stiftung sowie aus einigen Privatsammlungen während dieser Zeit auf eine Ausstellungstournee, die nach der Kunsthal Rotterdam nun Bernried, später das Lentos Linz und weitere Stationen in Mitteleuropa umfasst.
In Bernried müsse ich aber mit den Original-Bergen vor Ort vorlieb nehmen, so vertröstet mich die Maler-Enkelin Julia Pechstein auf der Vernissage und lacht. Die Dame mit dem eleganten Kopftuch (Foto) erzählt, dass zu den rund 100 Exponaten von Max Pechstein hier in Bernried noch zirka 80 Stücke aus dem Besitz der Sammlung Buchheim gekommen sind. An jedem Tourneeort werden andere Pechstein-Inkunabeln oder -Raritäten dazustoßen – je nach Möglichkeit und Bereitschaft privater Besitzer, sich eine Zeit lang von ihren Arbeiten zu trennen. Gibt es denn auch Bilder, die ihr Opa in den Alpen malte? „Ja, etwa einige wunderschöne Darstellungen vom Chiemsee, die nach dem 2. Weltkrieg entstanden sind.“ Ich
werde später tatsächlich im Internet eine pittoreske Wolkenstimmung in Rosa und Orange samt See aus dem Jahr 1947 erblicken, mit den Chiemgauer Alpen im Hintergrund. „Aber vor allem malte mein Großvater 1923/24 Ansichten im Schweizer Hochgebirge. Denn dort hatte er einen Gönner, der den Aufenthalt in Wallis für ihn ermöglichte. So konnte er am Fluss Rhône arbeiten und in Saas-Almagell, wo es Bilder und auch Fotos von hölzernen Almhütten auf Steinfüßen von ihm gibt.“ Julia Pechstein versucht, möglichst alle Standorte, an denen ihr Opa je gearbeitet hat, selbst kennenzulernen, sagt sie – auch diesen. „Ein Teil dieser Schweizer Alpenbilder von Max Pechstein soll gezeigt werden, wenn diese Schau später im Art Museum in Luzern Halt machen wird“, verspricht sie – sie freue sich sehr darauf. Alpine-Kultur-Aficionados streichen sich diesen Zeitraum (8.7. bis 5.11. 2028) also ruhig schon mal für einen Besuch am Vierwaldstätter See im Kalender an!
Aber jetzt müssen erst einmal alle nach Bernried. Die Schau dort zeigt nun eindrücklich bis in den Herbst Pechsteins Urvertrauen in die Kunst, die Natur und in die Menschen, denen er begegnete. Statt Alpengipfeln sieht man dort Bauern, Felder und Blumen aus seiner sächsischen Heimat. Oder die Fischer, die Boote und die Stimmungen, die vor allem am Meer eingefangen wurden – etwa auf Usedom oder an der Kurischen Nehrung, im heutigen Polen und Litauen, zuweilen auch in Italien – und einmal, 1914, während einer mehrmonatigen Südseereise in die damalige deutsche Kolonie Palau, wo ihn die Einheimischen, die Masken und die Farben des
Südens inspirierten. Ein toller Trumpf dieser Ausstellung ist das verwegene Farbkontext für die Wände, deren intensive Blau-, Grün, Rot- und Gelbwerte die Bilder – auch und gerade die schwarz-weißen Holzschnitte wie „Untergehende Sonne am Ostseestrand“ von 1948 oben – zur Geltung kommen lassen. Eigenhändige Fotos von Max Pechstein und Handschriftliches geben für die Grafiken und Unikate einen stimmigen Rahmen. Ein Porträtfoto, seine Originalstaffelei und Atelierfarben (Abb. weiter oben) akzentuieren diesen Eindruck. Das berühmteste Bild der Bernrieder Ausstellung zeigt Pechstein gleichwohl nicht als Maler, sondern als lässiges Motiv im roten Pullover. 1910
porträtierte der Brücke-Kollege Erich Heckel ihn in Dangast im roten Pullover als „Der schlafende Pechstein“. Diese Leinwand aus dem Besitz des Buchheim-Museums gilt längst als eine der Ikonen des deutschen Expressionismus. Mindestens seit es 1974 auch zu einer der schönsten Briefmarken der Bundespost wurde. – Diese neue Ausstellung bietet jetzt eine extrem kurzweilige und rasch zu verwirklichende Kleine Flucht zur Kunst ins schönste oberbayerische Voralpenland.
Text und Fotos: Alexander Hosch
„Max Pechstein – Vision und Werk“, Buchheim Museum der Phantasie Bernried, noch bis 26. 10. 2025; www.buchheimmuseum.de
Die Züge von München nach Bernried verkehren stündlich (Fahrtdauer: ab 31 Minuten).



Kannte der Maler Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938) etwa LSD? Nein, das gab es in den 1930er Jahren noch nicht. Aber womöglich hatte er andere
Seelentröster, die das Gemüt entgrenzen, die Formen wuchern lassen und dabei helfen, die Farbwelten zum Explodieren zu bringen. Im Gemälde „Scene aus dem Sommernachtstraum“ von 1937, gerade zu Gast in Bernried am Starnberger See, jedenfalls ergießen sich die Pigmente gleichsam in psychedelischen Strömen. Gesichter werden darin eins mit den Bäumen, oder sie zerfließen in Linien am Firmament. Der in Nazi-Deutschland verfemte ehemalige Die Brücke-Star lebte damals in Davos und hat dort bis
In der Schau geht es in erster Linie um Bilder und ihre Rahmen. Der Münchner Rahmenexperte Werner Murrer hat dieses Verhältnis in langer Geschäftstätigkeit erforscht. Für die Ausstellung „Wiederentdeckt & Wiedervereint“ hat er jetzt mit seinen Co-Kuratorinnen Rajka Knipper und
Katharina Beisiegel viele solche Gesamtkunstwerke des deutschen Ober-Expressionisten zusammengetragen. Kirchner nämlich hat die schmückenden Holzleisten um seine Gemälde stets selbst bemalt. Ohne Rahmen war ein Bild für diesen Künstler nicht fertig. Oft tauchten die Palettenfarben des jeweiligen Sujets nochmals an den Rändern, in den Spalten und Falzen auf, in feinen Tönen, manchmal auch in breiten Linien. Um sich auf den getreppten, profilierten oder mit Rundstäben verzierten Leisten als Besonderheit ins Spiel zu bringen. Rund 150 Bild-Rahmen-Paare von Kirchner sind insgesamt bekannt, viele tragen die typische Mischung aus Goldbronze mit abgetöntem Grün oder Blau. Eine der in kühlem Violett gehaltenen
Wände der Sonderschau haben die Kuratoren allein mit leeren Rahmen aus Kirchners Nachlass geschmückt – denn manchmal fehlen die vor 90 bis 120 Jahren entstandenen zugehörigen Bilder. Es war die Zeit, als von vielen konservativen Bürgern selbst für moderne Sujets lieber „neobarocke Monsterrahmen“ (so Murrer in seiner Begrüßungsrede) gewählt wurden. Und Kirchners individuelle Originalrahmen – heute ein gesuchter Schatz! – mussten in solchen Fällen dann eben weg, weil sie wohl nicht zur Wohnzimmereinrichtung der Besitzer passten.
Das Ölbild „Blonde Frau in rotem Kleid“ von 1932 aber (siehe Aufmacherbild sowie zwei Ausschnitte in diesem und im mittleren Absatz) ist herrlich komplett. Es stellt hier eines der schönsten Doppelpacks aus Bild und Rahmen dar. In den schlichten goldbronzierten Nadelholz-Rahmen nahm der Künstler grüne, blaue und rosafarbene „Flecken“ und Striche aus der Farbwahl des Gemäldes mit auf und führte das Motiv auf diese Weise einfach über seineen Bildrand hinaus. Wie bei jedem anderen Auftrag hatte Kirchner die Profile selbst in seinem Skizzenbuch vorgezeichnet, die rohen Leisten in Goldbronze gefasst und diese
anschließend, in Abstimmung mit dem Gemälde, bemalt. Ein Kunstwerk hörte für Kirchner – spätestens seit er 1918 in die Schweiz emigriert war – definitiv nicht mehr mit dem Bildrand auf. Kirchners spezielle Davoser Rahmen, aber auch simplere Bretter-Rahmen sowie andere Beispiele mit Stufen, Treppen und Eckverbindungen sind an den Wänden dieser überaus sehenswerten Ausstellung natürlich genau erklärt – alpine Reinkultur! Eine tolle Schau, die danach, in veränderter Form, ans Kirchner-Museum in Davos geht.
Werner Bätzing hat gerade eine umfassende Mensch-Umwelt-Geschichte vorgelegt. Unsere Gattung tritt darin titelgebend als ein Clan von Zerstörern 
Werner Bätzing, Homo destructor. Eine Mensch-Umwelt Geschichte. Von der Entstehung des Menschen zur Zerstörung der Welt, C. H. Beck Verlag, 32 Euro
Auf Streifzügen durch die Prosecco-Hügel lohnt sich immer auch ein Abstecher nach Possagno. Dieser am Fuße des Monte Grappa im nördlichen Veneto gelegene Ort gehört ganz und gar Antonio Canova, der 1757 hier geboren wurde. Und seit 1957 auch ein bisschen Carlo Scarpa.

Ganz anders die weiblichen Figuren, für die Canova eine weit poetischere Sprache fand. Die Drei Grazien liebkosen sich in einer einzigen fließenden Bewegung. Und wenn Psyche mit spitzen Fingern auf Amors Handfläche einen Schmetterling setzt, wird der Mythos mit einem Mal greifbar und lebendig.
Mitte der 1950er-Jahre betraut man den 1906 in Venedig geborenen Architekten Carlo Scarpa mit dem Erweiterungsbau der Gypsotheca. Er befreit die Skulpturen, zumindest einige von ihnen, aus ihrer Totenstarre, indem er mit Helligkeit, Heiterkeit und Leichtigkeit interveniert. Seine aus den Ecken des Annex in den Raum ragenden Quaderfenster, Splitlevel und Wasserbecken lassen das Museum behaglich erscheinen – und zugleich lush wie eine kalifornische Villa. Amor, Psyche und viele andere Schönheiten baden und tanzen jetzt im Licht.
Auch Canovas kleine, expressive Terracotta-Modelle, die unerwartet modern anmuten, erhalten in neuen Holzvitrinen endlich die Aufmerksamkeit, die sie verdienen.
In Bad Gastein tut sich was. Seit Jahrzehnten lümmeln
Das Panorama ist aber auch wirklich unkopierbar. Eine tiefe Schneise für den berühmten Wasserfall hat die Natur hier geschlagen. Drumherum baut sich malerisch ein steinerner, aber auch irgendwie sehr versteinerter Ort der Belle Époque auf. Darunter scheint einem das lange Tal die Traumaussicht bis nach Hofgastein und Dorfgastein unter den Augen wegziehen zu wollen. Darüber türmen sich die höchsten Salzburger Tauerngipfel. Ganz und gar zauberhaft. Und immer noch so, als hätte man das alles hier in jener Ära vergessen, in der die radonhaltigen Wasserquellen entdeckt wurden. Damals kam das aristokratische Europa von St. Petersburg bis Madrid hierher.
Hohen Scharte im benachbarten Hofgastein investiert. Ebenfalls mit immer neuen Gimmicks locken Felsentherme und Alpentherme. Bars, Hütten und Hotels rüsten unermüdlich für das Wunschpublikum der Zukunft auf: jung, solvent, kosmopolitisch, urban.
Die Boutiquehotels Haus Hirt, Miramonte und Regina etwa haben früh erkannt, dass Bad Gastein reif für junge Erlebnishungrige ist. Deshalb kommen seither ein paar Hipster aus Berlin, Moskau, Kyiv, London, Amsterdam und Kopenhagen. Für die sprechen einige der Angestellten „only english, please“, was an einem
normalen Ski-Nachmittag im März zwar ein wenig albern klingt, aber immerhin gut zum Lese-Angebot auf dem Coffeetable passt: Monocle, Wallpaper, Financial Times. Da will der Ort also hin. Gut so! Das Karma, die Speisekarten – Earl Grey Tea zu Marillen-Palatschinken – und die ersten chicen Interiors sind bereit dafür. So bereit.
Tagespass Ski amadé Gastein (Hauptsaison): 63,50 €
Hat eigentlich noch eine:r Gedanken frei für die Feinstofflichkeit des 
Christy Doran, der Wahl-Schweizer in der internationalen Jazzszene, hat das wunderschöne CD-Album zu unserem Glück trotzdem fertig eingespielt. In der Zentralschweiz, im Luzerner Drums4Life Studio. Halb akustisch, halb mit E-Gitarre. Es ist ein Zukunftstraum und eine Erinnerung geworden, die Hommage an den Malerfreund. Ein paar Mal tobt er, wie man es von Doran gewohnt ist, wie Jimi Hendrix über die Saiten, rasend schnell. Fusion & Free. Viel öfter aber geht es diesmal langsam. Schwebejazz. Das ist dann ein großes Plöngen und sanftes Streicheln, alles hallt achtsam, mäandert bedächtig, wird sanft gepickt oder klingt leise nach.
Für Vincenzo Vicari konnte das 20. Jahrhundert gar nicht rasant genug voranschreiten. Gegenüber jeder technischen, medialen und kommerziellen Neuheit war der Luganer Fotograf aufgeschlossen. So experimentierte Vicari (1911 – 2007) früh mit Luftfotografie und fühlte sich von der Leidenschaft für sein Metier vollends ergriffen, wenn er hoch oben eine Kamera gegen die Luft pressen musste, weil er gezwungen war, „sich beim Fotografieren mit dem Oberkörper aus dem Flugzeug zu lehnen“.
Außerhalb des Tessins ist Vicari noch wenig bekannt, was sich mit der ersten großen monografischen Ausstellung im MASILugano gerade ändert. Dass sich diese Schau nur virtuell besichtigen lässt, macht die begleitende Publikation umso relevanter: Ein handlicher Katalog, der mit 190 meist unveröffentlichten Aufnahmen, überwiegend in Schwarz-Weiß, eine Exkursion durch die Bildwelt dieses vielseitigen Chronisten unternimmt.

Michele De Lucchi hat, wie schon öfter zuvor, im abgelegenen Sommerstall übernachtet. Der Architekt und Designer ist extra vom Lago Maggiore
Auf dem Zirmerhof, der in der fünften Generation von Josef Perwanger geführt wird, verbinden sich die Annehmlichkeiten eines kultivierten Hotels, in dem seit Jahrzehnten Nobelpreisträger, Staatsoberhäupter, Literaten und Künstler urlauben, mit einer Drama-Aussicht. Man genießt permanent das Panorama der Dolomitenkette und die Spaziernähe der Bletterbachschlucht, deren marshafte Gesteinsformationen zum Unesco-Weltkulturerbe zählen. Die Bauherren wünschten sich nur, dass regionale Motive und das Vaia-Holz vorkommen. Sonst hatte De Lucchi Carte Blanche.
heute lieber den Weg der Nachhaltigkeit ein. Statt der bunten Marmor-, Resopal- und Laminat-Orgien von damals, mit deren Tischen und Lampen (die Zeichnung rechts) er es schon als 35-jähriger in die Sammlung des New Yorker MoMA geschafft hat, setzt er für seine skulpturalen Möbel heute durchgehend feinstes Walnussholz ein. Für die sechs neuen Suiten und Maisonettes (samt eines großen Kaminfeuersalons über zwei Etagen für Family &
Friends) fanden sage und schreibe 127 Variationen von Tischchen, Stühlen, Sesseln, Schränken – viele extra entworfen – Verwendung. Sie wurden von De Lucchis Experimentierlabor Produzione Privata, das sein Sohn Pico leitet, nach Maß gefertigt. Dazu kamen Teppiche, Armaturen, Türgriffe, Spiegel und Lampen aus vorhandenen Linien.
„Es gibt keine Verbindung zwischen den neuen Häusern und Memphis“, sagt De Lucchi später im Interview nach längerem Nachdenken. Aber ich habe diese Zeit der Provokationen sehr geliebt“. Heute gehe es um Anderes, meint der 68-Jährige. Er verweist etwa
auf die in jedem der neuen Gästeräume dominiernden Armlehnsessel. „Von deren Holz wird man geradezu umarmt, wenn man darin sitzt“. Es gibt auch noch einen mystischen, fast Dada-haften Moment in einer aus dem 16. Jahrhundert stammenden Stube: Als Michele De Lucchi plötzlich wie ein Freimaurerlogen-Vorsitzender aus einer Holzbox, die aber wie eine kleine Schatztruhe aussieht, kleine Hölzchen nimmt und sie charmant verteilt. Sie tragen ein Siegel und erinnern an die nach De Lucchis Einschätzung leider im Verschwinden begriffene Generation italienischer Designstudios, die am liebsten limitierte kunsthandwerkliche Preziosen schaffen. So wie Danese, Dino Gavina – oder seine eigene Produzione Privata.
Die „Häuser der Wiese“ sind Refugien des Stils, die in ihrer Einzigartigkeit gleichermaßen an die Vergänglichkeit unserer schwerst gefährdeten Natur wie an die Kostbarkeit eines s
ubtil betriebenen Holzhandwerks erinnern. Das Traditionshotel Zirmerhof mit seinen riesigen Wäldern, den frei lebenden Hochlandrindern und dem Grauvieh war für diese zwei Skulpturen in der Landschaft genau der richtige Landeplatz.
Egal wie man in Turin landet – per Flugzeug, Auto oder Zug: Der Weg von München aus ist immer voller Alpenberge. Denn diese Stadt liegt noch näher an den weißen Riesen als München. Und 30 Kilometer westlich, schon in Richtung Sestriere, Aostatal oder anderer Turiner Haus-Skiberge, versteckt sich in den Hügeln ein Backsteinschloss von Filippo Juvarra, das nie fertig wurde. Der Grund: Es war so versailleshaft teuer, dass selbst die Herrscher von Savoyen am Ende nicht mehr zahlen konnten. Die Gipfel dahinter ragen davon unbeeindruckt seit 200 Jahren hoch. Gigantisch nah.
York Times zusammen 600 Millionen Euro wert sein sollen. Darunter finden sich – auf vier Etagen und 400 Quadratmetern – bestens gesicherte Goldgrundtafeln der frühen Renaissance, Werke von Renoir, Dutzende Arbeiten von Boccioni, Severini, Morandi, de Chririco, Fontana und auch gleich noch von Kandinsky, Klee und Picasso. Aber kaum verlässt der Gast
diese Pracht und steht, davon noch ganz benommen, im Garten, übernimmt sofort wieder die alpine Gipfelsilhouette das Regiment, die hier als ständige Dramakulisse funktioniert.
Im Nid d´Aigle, dem Adlernest hoch über der Côte d´Azur, lässt Patrick auf alpinen 420 Metern zum Rosé eine Socca servieren, den typischen Pfannkuchen aus Kichererbsenmehl, mit kleinen mediterranen Spezialitäten darauf gebreitet – Salade Nicoise, mit Spinat gefüllte Babycroissants, Gambas.
Korsika. Agaven, Aloen, Palmen, Kakteen aus Neuseeland, Süd- und Mittelamerika wurden damals von Jean Gastaud, dem Schöpfer des berühmteren Nachbargartens von Monaco angepflanzt, eine superbe botanische Kollektion von Sukkulenten, die zwischen 15 später installierten Mädchenskulpturen heranwachsen. Wüstenpflanzen, darunter das Meer und die drei Corniches, links Monaco, rechts das Cap Ferrat. Wunderschön und äußerst bizarr. Der Kater ist aber wegen der interessanten Mahlzeiten umgezogen. Alexander Hosch