Ins Edelstein-Tal

Kleine Flucht....Ins Edelstein-Tal
Die scheue Krimiautorin Agatha Christie fand Bohinj zu schön, um ihre Romanfiguren hier morden zu lassen. Weil ihr im Wocheiner Tal niemand auf die Nerven ging? Bis heute gibt es nur wenige Hotels und kaum touristischen Tand. Herrisch schiebt sich der an diesem Frühlingstag noch schneebedeckte Triglav in die Kulisse der Julischen Alpen. fluchtbergfoto_300In Ribčev Laz erinnert eine Bronzegruppe an die Erstbesteigung des höchsten Bergs Sloweniens. Am 26. August 1778 erreichten die vier Wocheiner Lovrenc Willomitzer, Luka Korošec, Stefan Rožič und Matija Kos den Gipfel. Finanziert wurde die Expedition von Sigmund Freiherr Zois von Edelstein, der mit Eisenwerken ein Vermögen verdient hatte. Der großzügige Aristokrat und Förderer geologischer Forschung unterhielt nicht nur einen „Musenhof“ in Ljubljana, sondern trug auch eine spektakuläre Mineralienkollektion zusammen. Inzwischen ist sie im Naturhistorischen Museum der Hauptstadt zuhause. Glanzlicht der umfangreichen Sammlung: der nach ihm benannte Zoisit. Seit der Entdeckung der Varietät Tansanit 1967 besitzt das seltene Mineral sogar Edelsteinqualität. Nun klingt der Name des Freiherrn doppelt schön und würdevoll. Am Talschluss, wo sich der Savica-Wasserfall im karstigen Fels der Komarča versteckt, stößt man wieder auf dessen Mäzenatengeist. 1807 besuchte der alpenvernarrte Erzherzog Johann von Österreich den Katarakt. Anlass genug für Sigmund Zois, eine Marmortafel zu Ehren des hohen Gasts im Aussichtspavillon zu stiften. Zahlreiche Besucher verstehen den Stein offenbar als Einladung zum Einritzen von Namen- und Liebesgraffiti. Kein Wunder, dass so viele bei diesem Seufzer-Panorama über Wocheiner See und Berg Vogel schwach werden.   Alexandra González

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Die große Ekstase des Bildschnitzers Steiner

Als Drehort sind die Alpen einsame Spitze. Doch nicht jedes Werk, das hier entstand, wird auch als Bergfilm wahrgenommen. Wir stellen Fundstücke abseits des klassischen Genres vor, vom Klischee des Helden im Fels befreit: Die heimlichen Alpenfilme #1

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Wenn Skiflieger eine Schanze bewältigen, haben sie den Adrenalinspiegel eines Menschen in Todesangst. Mit jedem Sprung wachsen sie über sich hinaus. Auch Walter Steiner, bester Skiflieger seiner Zeit, führte ein Leben zwischen Höllenfurcht und rauschhafter Entrückung. Diese Extremzustände waren es, die Werner Herzog an dem „Vogelmenschen“ aus dem schweizerischen Toggenburg so faszinierten. 1974 drehte er seine existenzialistische Dokumentation „Die große Ekstase des Bildschnitzers Steiner“ an den Mammut-Schanzen in Oberstdorf und im einst jugoslawischen Planica (heute Slowenien), während des Trainings und der Weltmeisterschaft. Aber was heißt schon Dokumentarfilm bei diesem Regisseur, der die künstlerischen Bilder und die Originalmusik von Popol Vuh derart suggestiv einsetzt. Es ist eine Arbeit über rücksichtslose Wettkampfbedingungen und das Erproben von Naturgesetzen. Die wichtigsten Verbündeten dabei: ein Paar ellenlange Ski. Wie jäh und grauenvoll Flüge enden können, filmt Herzog in Superzeitlupe. Nicht auszuhalten, wie die Gliedmaßen eines bewusstlosen Athleten ihr groteskes Ballett aufführen. Als Jugendlicher hatte Herzog selbst Skispringen trainiert, doch sein bester Freund kam dabei fast um. So entwickelte er eine Panik, die seine Sehnsucht nur noch mehr befeuerte. „Die Erdenschwere, die geht mir auf den Geist“, sagte er einmal, „ich will das nicht haben. Ich will mich dagegen auflehnen, auch wenn das natürlich ganz sinnlos ist.“ Zum Glück war Werner Herzog dem „Vogelmenschen“ begegnet, im Brotberuf ein sensibler Holzbildhauer. Und erfuhr hautnah, wie ein anderer an seiner statt den Traum vom Fliegen auslebte.   Alexandra González

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