Die purpurnen Flüsse

Als Drehort sind die Alpen einsame Spitze. Doch nicht jedes Werk, das hier entstand, wird auch als Bergfilm wahrgenommen. Wir stellen Fundstücke abseits des klassischen Genres vor, vom Klischee des Helden im Fels befreit: Die heimlichen Alpenfilme #7

Eine Berg-Universität. Der Rektor herrscht übers Tal wie ein Bürgermeister. In dem Kritik- und Kassenerfolg von 2000 über Eugenik, Inzucht und Forscherwahn brillieren Jean Reno und Vincent Cassel als ungleiche Kommissare, die sich, Rätsel für Rätsel, eine störrische Provinzwelt erschließen. Eine Verschwörerclique aus Bibliothekaren und Krankenpflegern hat dort ein grausames Elitezuchtsystem im Stil der Nazis angelegt, um aus kernigen Älplern und Professoren den vollkommenen Menschen zu kreuzen. Wie alle wirklich guten Krimis bleibt auch Mathieu Kassovitz´ Filmwerk übers Ende hinaus mysteriös. Beim Final Cut wurden sogar noch einige der Erklärszenen herausgeschnitten.

Aber wer hat diesen Horror-Thriller je als Bergfilm gesehen? Er ist es zweifellos. Weil es bei den Dreharbeiten zu schneien begann, musste das Buch teilweise täglich umgeschrieben werden. Grenoble, das Olympiastadion von Albertville, Chamonix unterm Mont Blanc, Argentière und ein halbes Dutzend anderer Alpendörfer waren Schauplätze, um den Phantasieort Guernon zu repräsentieren. Als alpine Gangster-Uni dient das geographische Forschungsinstitut von Modane-Avrieux, das wie ein Freimaurerschloss über der Landschaft hängt. Gletscherforscher pirschen mit den Ermittlern durch die weiße Pracht, und 90 Minuten lang vollziehen sich Andeutungen, Leichenfunde, Fluchten und Verfolgungsjagden zwischen Gondeln, Winterstürmen und Abstiegen in Höhlen aus ewigem Eis. Bis zum Showdown mit Eispickel, Lawine und Pistenraupe.                      Alexander Hosch

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DVD von Tobis/Universal Film GmbH (bei ebay zirka 6,99 €)